Selfies als Krankheitsbild: Der Zwang zur Selbstdarstellung
Jeder kennt die verpönten Selbstporträts, die üblicher Weiße mit dem Smartphone geschossen werden und eine ganze Industrie aus dem Boden gestampft haben. Nun behaupten Psychologen das Selfies ein Hinweis auf mentale Störungen liefern können.
Laut dem Psychiater Dr. David Veal leiden aufgrund der steigenden Popularität der Selfies, 2 von 3 seiner Patienten an Dysmorphophobie, einer Störung der Wahrnehmung des eigenen Leibes (Wikipedia). Das regelmäßige Knipsen und Posten der Selbstportraits führt zu einem enorm verzerrten Selbstbild. Außerdem kann die ständige Selbstdarstellung in den sozialen Medien auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, d.h. übermäßige Selbstverliebtheit und auf eine regelrechte Abhängigkeit am Darstellen der eigenen Person hindeuten. Dr. David Veal rät in diesen Fällen zur kognitiven Verhaltenstherapie, um bei den Patienten die Gründe für ihr zwanghaftes Verhalten zu entdecken und zu kontrollieren.
Sicher kennt jeder von uns das Phänomen der Selfies aus seinem eigenen Bekanntenkreis und konnte „krankhafte“ Neigungen schon einmal selbst beobachten. Sei es im Urlaub, im Hotel, auf einer Party oder einfach nur beim Warten auf den Bus: Einer zieht mit Sicherheit immer sein Smartphone aus der Tasche, um ein Selfie zu schießen (wohl eher 10), um seine Freunde wissen zu lassen was er gerade tut. Feinsäuberlich werden dann die frisch geschossenen Selbstportraits aussortiert und begutachtet, so dass eines von ihnen letztendlich mittels Facebook, Instagram oder Twitter in die Weiten des Internets geschickt werden kann und dort auf Likes wartet. Mit jeder Push-Benachrichtigung steigert sich das Ego ins Unermessliche, bleiben die Gefällt-mir-Klicks jedoch auch nach Stunden aus, nagt das schnell am Selbstbewusstsein.
Doch wie weit kann diese „Sucht“ nach Selbstdarstellung eigentlich gehen? Viel zu weit, wie der folgende Fall zeigt.Ein Britischer Jugendlicher versuchte Selbstmord zu begehen, nachdem er nicht in der Lage war das für ihn perfekte Selfie zu schießen. Danny Bowman war derart Selfie-abhängig, dass er fast 10 Stunden am Tag damit verbrachte über 200 Fotos von sich selbst zu schießen und sie zu teilen. All dies letztendlich nur um das perfekte Selfie zu bekommen. „Ich war ständig auf der Suche nach dem perfekten Selfie und als ich feststellte, dass ich es nicht schießen kann wollte ich sterben!“
Bei dem Fall des Danny Bowmans handelt es sich zwar um einen Extremfall, dennoch liegt dieser gar nicht so weit von der Realität entfernt. Viele Jugendlichen identifizieren und definieren sich über die Anzahl der „Gefällt mir“-Angaben in den sozialen Netzwerken. Bleiben diese aus oder fallen nicht wie gewünscht aus führt das bei Vielen umgehend zu einer Depression und enormen Selbstzweifeln.
Bei vielen Patienten ließe sich laut Prof. Pamela Rutledge ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Narzissmus feststellen. Dies beschreibt im Allgemeinen eine übermäßige Form der Selbstliebe oder Abhängigkeit des eigenen Bildes sowie übersteigerte Eitelkeit. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird Narzissmus mit Egozentrik, Arroganz sowie einer ausgeprägten Selbstsüchtigkeit in Verbindung gebracht. Hierbei handelt es sich um ein weit verbreitetes Problem des digitalen Zeitalters. Nicht nur Selfies sondern das digitale Selbst anderer führt zur eigenen Beurteilung des Ichs durch direkte Vergleiche und ständiger Konkurrenz. Ist man diesem Druck in zu frühen Jahren ausgesetzt, kann dies unter Umständen zu einem verschobenen Selbst- und Weltbild führen.
Viele Ärzte sind sich einig, dass die Selbstdarstellung im Internet auch in Zukunft weitere mentale Störungen und Probleme sowie völlig neue Krankheitsbilder hervorrufen wird. Somit sollte man besonderes Augenmerk darauf legen, seinen eigenen Nachwuchs dieser „Gefahr“ nicht allzu früh auszusetzen und stets auf eventuelle Alarmsignale zu achten. Es ist durchaus ratsam bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen um langfristige Probleme und Schädigungen zu vermeiden.